Lösungen für eine sichere Stromversorgung sind da, aber wir müssen sie auch umsetzen
Am zweitägigen schweizerischen Stromkongress 2025 im Berner Kursaal diskutierten Strombranche, Politik und Wissenschaft die riesigen Herausforderungen rund um die langfristige Sicherung der Stromversorgung. Die Diskussionen zeigten deutlich: Verschiedene Lösungen für eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Stromversorgung existieren, aber sie müssen nun auch konsequent, koordiniert und im Sinne des Gesamtsystems umgesetzt werden.
Letzte Woche präsentierte der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE die Resultate seiner aktualisierten Studie «Energiezukunft 2050». Laut dieser schafft eine konsequente Umsetzung des Stromgesetzes und der Abschluss eines Stromabkommens die besten Voraussetzungen für eine sichere und resiliente Schweizer Stromversorgung. Die Herausforderungen, Stossrichtungen und Lösungsansätze der VSE Studie bildeten den roten Faden des diesjährigen schweizerischen Stromkongresses – dem jährlichen Branchentreffen, an dem erneut über 400 Teilnehmende aus Branche, Politik und Wissenschaft teilnahmen und von Journalistin Barbara Lüthi moderiert wurde.
«Gesamtsystem denken, Versorgung sichern – Deliver!»
Das Leitmotiv des Stromkongresses fand sich in verschiedenen Voten wieder. Darunter auch in jenem von Bundesrat Albert Rösti, der den Stromkongress mit einer lebhaften Rede beschloss: «Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft, die gemeinsam Verantwortung für eine sichere Stromversorgung übernehmen muss.» Geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, damit alle involvierten Akteure die Versorgungssicherheit gewährleisten können, sei oberste Priorität des Bundesrats. Jetzt müsse das Stromgesetz umgesetzt und die erneuerbaren Energien ausgebaut werden.
VSE Präsident Martin Schwab hielt in seiner Eröffnungsrede mit Bezug auf die Studie «Energiezukunft 2050» fest, dass es nicht an verschiedenen Lösungen mangle, die Stromversorgung langfristig zu sichern: «Das Problem ist die fehlende Akzeptanz und die vielen Einsprachen bei zahlreichen Projekten, die die Umsetzung verhindern. Politik und Gesellschaft müssen klar vorgeben, welche Lösungen sie akzeptieren – und dann den Weg auch unbeirrt beschreiten.» Ein klarer politischer und gesellschaftlicher Wille sei unerlässlich, damit die Schweiz die Ziele des Stromgesetzes erreichen kann.
EU-Botschafter: keinen Plan B zum vorliegenden Stromabkommen
Am Stromkongress standen die Beziehungen zur EU deshalb in besonderem Fokus. Petros Mavromichals, der EU-Botschafter für die Schweiz, zeigte sich überzeugt, dass das vorliegende Stromabkommen massgeschneidert und für beide Seiten von Vorteil sei. «Das Abkommen, das wir auf den Tisch haben, ist ein ausgewogenes Paket, das es Wert ist, zu unterstützen», so Petros Mavromichalis. Insbesondere berücksichtige es auch die Bedenken der Schweiz. Der Botschafter machte auch deutlich, dass nur das vorliegende Stromabkommen die Schweiz langfristig davor bewahren würde, nicht wie ein Drittstaat behandelt zu werden.
Mit einem Stromabkommen würde die Schweiz laut der VSE Studie «Energiezukunft 2050» über viel mehr Kapazitäten für Importe und Exporte verfügen, was mehr Handelsmöglichkeiten für die Versorgung eröffnet und diese insgesamt resilienter macht. Die Schweizer Stromversorgung würde dadurch nicht nur stabiler, sondern auch günstiger. Die Vorzüge eines Stromabkommens strich am Stromkongress auch Werner Luginbühl hervor. Die Schweiz habe in den Verhandlungen über ein Stromabkommen mehr erreicht, als erwartet werden konnte: «Es wäre daher ein Fehler, dieses Abkommen abzulehnen», so die klare Position des ElCom-Präsidenten.
«Politik und Gesellschaft müssen klar vorgeben, welche Lösungen sie akzeptieren – und dann den Weg auch unbeirrt beschreiten.»
VSE Präsident Martin Schwab
Blockaden lösen: Wie weiter beim Ausbau der Erneuerbaren?
Der im Stromgesetz beschlossene Ausbau der erneuerbaren Energien kommt mit Ausnahme von Solaranlagen auf Dächern nur schleppend voran. Die Realisierung von Grossprojekten der Wasser-, Wind- und Solarkraft ist in den meisten Fällen eine zähe Angelegenheit. Am Stromkongress berichteten Projektanten von zwei alpinen Solaranlagen aus erster Hand, mit welchen Hürden sie konfrontiert sind, um die Anlagen im Rahmen des Solarexpresses zu realisieren. Beleuchtet wurde auch eingehend, warum der Ausbau der Windkraft derart stagniert, welche Konsequenzen dies für den zukünftigen Strommix nach sich zieht und wie der Weg aus der Totalblockade aussehen könnte. Eindrücklich schilderte die Gemeindepräsidentin von Zermatt, warum sie sich so dezidiert für die Umsetzung des Speicherwasserkraftprojekts «Gornerli» engagiert – weil es eben nicht nur dringend benötigten Winterstrom liefern, sondern auch katastrophale Schäden durch Hochwasser wie im vergangenen Frühling reduzieren könnte sowie die Wasserversorgung der Talschaft verbessere.
Smarte Lösungen für die Stromnetze
Bekannterweise müssen parallel zum Ausbau der Stromproduktion die Stromnetze weiterentwickelt werden. Dieser Aspekt kam lange zu kurz in der Politik. Die Energiepolitiker Thierry Burkart, Jürg Grossen, Roger Nordmann und Benjamin Roduit diskutierten denn auch, wie die Politik den Ausbau der Stromnetze – insb. der Verteilnetze, wie der VSE fordert – beschleunigen kann und wie sie die Weiterentwicklung der Netze hin zu einem Smart Grid sehen. Wege für mehr Innovation und Intelligenz in den Stromnetzen zeigten dann verschiedene Keynotes und Use Cases aus der Branche und Wissenschaft. Praxistaugliche, intelligente Lösungen für die Stromnetze, wie die Einspeisebegrenzung zu Produktionsspitzenzeiten oder dynamische Tarifmodelle, sind entscheidend, um den Kostenanstieg für den Netzausbau zu dämpfen, wie auch die VSE Studie festhält.
Quelle: VSE